In den Vereinigten Staaten wird jedes Jahr der Februar als Black History Month begangen. Da ich im letzten Jahr angefangen habe, mich mit Rassismus zu beschäftigen, dachte ich, dass ich das diesen Monat ja im Speziellen noch einmal vertiefen kann. Im Endeffekt habe ich jetzt aber auch so viele Bücher dazu gekauft, dass mich die Auseinandersetzung mit Rassismus noch mindestens das ganze Jahr begleiten wird. Aber das ist auch ganz gut so.
Hier aber erst einmal die Dinge, die ich im Februar super fand. Nicht alles passt zum Black History Month, aber schon sehr vieles:
I am not your Negro (2017) auf Netflix
Von James Baldwin bin ich sehr beeindruckt, seit ich „Nach der Flut das Feuer“ gelesen habe. Seine Einstellung und Herangehensweise ist mir ein Vorbild, auch wenn man sie von niemandem erwarten könnte.
Vor allem zwei Dinge sind mir in der sehr guten Dokumentation aufgefallen, bzw. beschäftigen mich noch danach:
„Wenn du mich N*** nennst, heißt das nicht, dass ich ein N*** bin, sondern dass du es brauchst, mich so zu nennen.“ -> Wenn ich andere abwerte oder ausgrenze, was sagt das eigentlich über mich aus?
„Rassisten sind mindestens genauso unfrei wie wir Schwarzen.“ -> Wo bin ich in Gedankenkonstrukten gefangen, bei denen ich mir einrede, dass sie mich eigentlich frei machen. Wo habe ich Scheuklappen, die von meiner eigenen Angst eng gehalten werden?
The Banker (2020) auf Apple TV+
So richtig ernst habe ich „The Banker“ nie genommen. Es war einer der ersten Filme auf AppleTV+ und da war ich eher vorsichtig. Für diesen Monat wurde er mir aber von einem Freund empfohlen und so haben wir ihn uns doch angeschaut.
Zwei Schwarzen (super gespielt von Anthony Mackie und Samuel L. Jackson) gelingt es, trotz aller Hindernisse in den 60er zwei Banken in Texas zu kaufen und dann Geld an andere Schwarze zu verleihen. Einer der beiden ist mit einer genialen Frau (Nia Long) verheiratet, die (in einer wunderbaren Art) den Blick darauf lenkt, dass „Schwarz“ und „weiblich“ zweifache Diskriminierung bedeutet.
Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit, was es an manchen Stellen schwer auszuhalten macht. Aber ich denke, wir müssen es uns bewusst machen, wie diskriminierend wir Menschen miteinander umgehen können. Wozu wir alle bereit sind, wenn wir meinen im Recht zu sein. Und was wir uns alles in die Tasche lügen, um unser Gewissen zu beruhigen.
Ich bin froh, dass es heute besser ist. Ich bin mir aber auch bewusst, dass ich das aus der privilegierten Position als weißer cis-hetero-Mann sage und in vieles keinen Einblick habe. Denn, nach allem, was ich von Betroffenen lese/höre/sehe, haben wir als Gesellschaft noch einen weiten Weg vor uns.
Die beste Instanz (2021) auf YouTube
Ich schaue normalerweise keine Talkshows, aber die 1,5 Stunden sollte man sich nehmen und die Talkrunde „Die beste Instanz“ auf YouTube anschauen.
Enissa Amani, Natasha A. Kelly, Gianni Jovanovic, Max Czollek, Mohamed Amjahid und Nava Zarabian sprechen über Rassismus, die Macht von Sprache und warum wir weißen Menschen aufhören sollten, uns als die Norm wahrzunehmen.
Sehr lehrreich, herausfordernd und erhellend.
Und ich habe danach ein paar Bücher (vor)bestellt. ;)
“Deutschland Schwarz weiß” von Naoh Sow
Rassismus in Deutschland? Das machen doch nur die Nazis! Oder?
Noah Sow zeigt in „Deutschland Schwarz weiß“ mit starkem Humor, der nötigen Prise Sarkasmus (und dem einen oder anderen sehr verdienten Aufreger), dass das nicht so ist.
Ich habe beim Lesen zwischen Schmunzeln, Lachen, Lachen-im-Hals-steckenbleiben, Aufregen, Schämen, Kopfschütteln und mehr gewechselt.
Unser Weg im Kampf gegen Rassismus in unserem Land, in unseren Strukturen und in uns selbst ist noch ein weiter, weil eben alles so tief eingeprägt ist. Trotzdem werde ich weiterhin versuchen, diesen Weg zu gehen.
Wenn ihr das auch wollt (was ihr solltet), dann ist „Deutschland Schwarz weiß“ ein sehr guter Einstiegspunkt.
“Eure Heimat ist unser Albtraum” von Fatma Aydemir und Hengameh Yaghoobifarah
2018 wurde das Innenministerium zum sog, „Heimatministerium“. Für viele von uns (die z.B. weiß sind) ist dieser Begriff nicht sehr verfänglich. Er kann Geborgenheit ausdrücken und den Ort bezeichnen, wo „unsere Wurzeln“ sind. Andere Menschen unserer Gesellschaft erleben „Heimat“ als etwas Ausgrenzendes, Verletzendes und evlt. sogar Bedrohliches. Bis ich „Eure Heimat ist unser Albtraum“ gelesen habe, war mir das in dieser Stärke nicht bewusst.
Die intelligenten, herausfordernden, amüsanten und nachdenklichen Essays in dieser Sammlung haben mich sehr hinterfragt. Warum bezeichnet „bilingual“ eigentlich nur deutsch-englisch oder deutsch-französisch, aber nicht deutsch-türkisch? Was ist der „weiße Blick“ und was macht er mit anderen Menschen? Kann man sich dessen entziehen, rassistisch zu sein, wenn man in einem rassistischen System aufwächst? Und warum überfordert es mich, dass eine Musikern, deren Text für mich sprachlich mindestens ungewohnt ist, einen Dr.-Titel trägt?
Ich kann das Buch allen nur wärmstens empfehlen, die ihren Horizont erweitern wollen. Man kann auch gut die Essays einzeln lesen und dann jeweils eine kleine Pause machen. Dann wirken sie mehr.
Hut ab, vor allen Autor:innen!
“Frausein” von Mely Kiyak
Mely Kiyak hat mit „Frausein“ ein Buch geschrieben, das irgendwie anders ist, als man es erwartet (meinte eine Freundin und ich stimme ihr voll zu).
Wenn man mich fragt, was das für ein Buch ist, kann ich es nicht wirklich genau beschreiben. Es ist Autobiographie mit wunderschöner Sprache, etwas Philosophie und Religion, dazu noch „Gastarbeiter“geschichte und Gesellschaftskritik und eine Ode an das Leben, die Familie und an das Frausein. Ich habe es in einem Zug durchgelesen. Mehr muss ich dazu nicht sagen, oder?
Es ist nicht lang (ca. 130 Seiten), jede:r kann sich also selbst überzeugen.
“Invisible Women” von Caroline Criado Perez
Wer denkt, Gleichberechtigung sei kein Thema mehr, der sollte dieses Buch an irgendeiner Stelle aufschlagen und 10 Minuten darin lesen.“
Ich habe dem Kurzreview von Bine tatsächlich nichts mehr hinzuzufügen.
“The Broken Kingdoms” (Inheritance #2) von N.K. Jemisin
Ich mag ja Buchserien nicht, die zwischen den einzelnen Bänden die Protagonist:innen wechseln. Hin und wieder werde ich positiv überrascht (z.B. die „Wayfarers“-Bücher von Becky Chambers), aber es kostet mich trotzdem jedes Mal Überwindung, mit dem nächsten Buch anzufangen, wenn ich diese Tatsache schon vorher kenne.
N.K. Jemisin hat in „The Broken Kingdoms“ (Band 2 nach „The Hundred Thousand Kingdoms“ aus meinem letzten Monat) trotzdem nur einige Seiten gebraucht, um mich voll in die Story zu ziehen. Die Charaktere waren interessant, die Handlung spannend, die Welt von einer anderen Perspektive noch einmal ganz anders interessant und mir fiel es sehr schwer, nicht einfach so lange zu lesen, bis ich fertig war.
Freue mich schon sehr auf Band 3, auch wenn der noch einmal komplett anders sein soll.
For All Mankind – Season 1 auf Apple TV+
Ich mag Sci-Fi, bin aber kein riesiger Fan von „Alternate History“ (Geschichten, bei denen ein Ereignis der Geschichte anders war und deswegen vieles danach eben auch anders lief, als bei uns).
For all Mankind auf Apple TV+ ist allerdings so unfassbar gut und spannend gemacht, dass ich dem ganzen doch „erlegen bin“. Super Charaktere, gute Action, schöne Details aus der wirklichen Geschichte und eine interessante Story über den Verlauf einer Welt, in der russische Kosmonauten vor amerikanischen Astronauten auf dem Mond gelandet sind.
Auch der Soundtrack (ihr wisst, das ist bei mir immer sehr wichtig) ist sehr schön gemacht.
Wer also ein Apple TV+ Abo hat (das sind übrigens auch alle, die in den letzten Monaten ein Apple-Gerät gekauft haben), sollte mindestens mal reinschauen.